Freiwild Freiwild!

Posted on März 6, 2013

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Vieles passiert in den letzten Wochen, was zur Folge hatte, dass hier auf dem Blog wenig passierte. Es gibt aber Textfragmente, die man nur ungern in der „Nicht veröffentlicht“-Rubrik verstauben lassen möchte, auch wenn die Aktualität nicht mehr so gegeben ist. Trotzdem sollte in einer Zeit, wo die Städtische Sammlung Würzburg im Kulturspeicher ihre eigene unrühmliche Vergangenheit der Anfangstage in einer Bestandsaufnahme (das Wort „Ausstellung“ wäre wohl auch unpassend) namens „Tradition & Propaganda“ (schön, wie das Grün der Flyer einen Gegenpol zu den eigentlich zu erwartenden Farben Rot, Schwarz und Weiß bildet) aufarbeitet, nicht weggeschaut werden.  Eben erst haben sich die südtiroler „Frei.wild“ selbst vom Line-up des With-Full-Force-Festivals gestrichen, nachdem das Musikmagazin „Visions“ wegen diesem Booking sich von der Präsentation des Festivals zurückgezogen hat. Man mag zu Visions stehen wie man will, man mag auch die Art des Rückzuges nicht gut heißen, das damit gesetzte Zeichen ist aber unmissverständlich und zu respektieren. Schon im Vorfeld, als das Booking bekannt wurde, war ein gigantischer Shit- und Gegenstorm im Internet losgetreten worden. Die Veranstalter betitelten sich als unpolitisch und tolerant, sprachen von einer Hexenjagd auf die beliebte (was ja leider stimmt) Band. Die Band selbst sieht sich als Opfer, der Heimatbegriff und sonstiges völkisch anmutendes Vokabular sei aus ihrer südtiroler Herkunft betrachtet anders zu werten als bei einer deutschen Band. Außerdem sprechen sie ihren Fans aus dem Herzen (was ja leider auch stimmt). Die eigene rechte Vergangenheit wird als Jugendsünde abgetan, auf weitere Kritik wird ausweichend bzw. beleidigt reagiert, auf einer eigenen Homepage werden gar Artikel über die Band zerlegt. Kennt man ja alles schon von den böhsen Frankfurtern, alles nichts Neues. Und am Ende bleibt: Wer mit diesem völkischen Vokabular spielt, wer daraus seine Bekanntheit speißt, wer ein (nicht nur) rechtes Publikum akzeptiert und kontinuierlich diese Nische bedient, der kann sagen was er will – seine Haltung und Handlung sind eindeutig und foglich eindeutig abzulehnen. Ein Stinktier bleibt eben ein Stinktier – egal wie viel Parfüm man versprüht.

Was uns nach Würzburg bringt. Hier haben „Frei.Wild“ bereits einmal in der Posthalle gespielt (5.3.2011) und bis vor kurzem war auch ein zweites Konzert (20.4.2013) dort auf der Homepage angekündigt. Dieses wurde nun nach Geiselwind verlegt (und gleich um ein Zusatzkonzert am darauffolgenden Tag ergänzt).

Ein paar Gedanken aus dem schon etwas älteren Textfragment hierzu, welches vor Verlegung und vor dem WITH FULL FORCE-Skandälchen entstand:

– Interessiert es in Würzburg wirklich niemanden, dass Frei.Wild bereits ein zweites Mal hier spielen? Großen Gegenwind bekommt man jedenfalls nicht mit. Oder liegt das daran, dass die meisten das mit dem gleichnamigen Würzburg-Krimi des BRs verwechseln? Es gibt doch genug Instanzen, die Druck ausüben könnten auf die Posthalle: Veranstalter, die dort auch Konzerte buchen, Schulen, die dort Abifeiern veranstalten, …

– Wie kann ein Hallenbetreiber, der gleichzeitig dort (wie eben schon erwähnt) Abiturfeiern,  Bonaparte-, Bodi Bill- und Audiolith-Konzerte beheimatet (ich denke eben an einen Artikel im Musikexpress über das Label, wo Frittenbude selbst oder Labelchef Lars erzählten, dass die Münchner prinzipiell nicht mehr in Hallen spielen, in denen auch Frei.Wild ein Forum geboten wird), zudem noch beim Taubertal-Open Air involivert ist, ein Konzert der Band „tolerieren“?

– Und vielleicht am Wichtigsten: Wer veranstaltet das Konzert denn überhaupt? Keine der gängigen lokalen Posthallen-Promoter (die zum Beispiel auch oft im Cairo oder der Kellerperle veranstalten) bewerben Frei.Wild über ihre Seiten. Scheinbar also alles ok, aber auf der anderen Seite sollte man dann doch etwas tiefer bohren: Es muss doch einen geben, denn die Band promotet und bucht ihre Shows sicherlich nicht allein. Und dass ein völlig fremder Promoter in Würzburg auftaucht und innerhalb von zwei Jahren lediglich zwei Frei.Wild-Konzerte bucht, erscheint doch auch eher unwahrscheinlich. Das macht einen dann doch etwas argwöhnisch. Wer sich nicht zu schade ist, mit Frei.Wild Geld verdienen zu wollen, sollte dann auch ehrlich genug sein und dahinter stehen bzw. die Konsequenzen tragen. Sollte man denken.

Das Konzert jedenfalls wurde verlegt, über die Gründe (wie über das Zustandekommen) kann nur spekuliert werden, da die Betreiber der Posthalle kein offizielles Statement veröffentlicht haben. Ist Geiselwind einfach die größere Halle, maximaler Profit also? Oder doch moralische Bedenken? Gegen letzteres spricht sicher das Fehlen von offiziellen Statements. Die Umstände und die damit verbundenen unbeantworteten Fragen sollten jedenfalls nicht vergessen werden. Vielleicht mal Zeit für eine weitere „Bestandsaufnahme“.

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